Joe Brandt, 1937, zum Untergang Kaliforniens
Die erste Nacht
Ich war im Krankenhaus mit
furchtbaren Kopfschmerzen und es war, als ob sich die
ganze Welt in meinem Gehirn
drehte. Ich erinnerte mich an den Sturz von meinem Pferd
Blackie, und wie ich da lag, formten sich Bilder in meinem
Sinn, Bilder, die sich mit
Blitzgeschwindigkeit bewegten
und Bilder, die stillstanden — ich schien in einer anderen
Welt zu sein, ob sie sich in
der Zukunft befand oder in einem uralten Land, das kann ich
nicht sagen — dann langsam
wie Schwarzweiß-Stummfilme aber mit Farbe und Ton.
Ich schien mich in Los
Angeles zu befinden, aber es war nicht zur jetzigen Zeit
(1937),
denn es war größer, viel
größer. Busse und merkwürdig geformte Autos füllten die
Straßen der Stadt. Ich dachte
an den Hollywood-Boulevard, und dann befand ich mich
dort auf dem
Hollywood-Boulevard, ob dies wahr ist oder nicht, ich weiß es nicht. Da
waren
viele Männer in meinem
Alter, aber sie hatten Bärte und manche von ihnen trugen
Ohrringe
(Joe Brandt war damals 17 Jahre alt,
glaube ich).
Alle Mädchen trugen kurze Röcke, und sie
schlenderten dahin in einer tanzähnlichen
Bewegung. Ich fragte mich, ob
ich mit ihnen reden könnte. Ich sagte: »Guten Tag«, aber
sie hörten mich nicht noch
sahen sie mich. Ich kam zu der Erkenntnis, daß ich
ihnen
genauso komisch vorkommen mußte, wie sie mir. Eine Zeitlang versuchte ich diesen
verrückten Gang. Ich nehme
an, man muß ihn erlernen. Ich konnte es nicht. Ich
bemerkte, da war eine Ruhe,
eine Art von Stille, als ob man Stille hören könnte. Etwas
fehlte, das da sein sollte.
Zuerst begriff ich es nicht
und dann erkannte ich, daß es keine Vögel gab. Ich
horchte, ich
ging auf dem Boulevard zwei
Blocks weit nach Norden, vorbei an all den Häusern, aber es
gab keine Vögel. Ich fragte mich, was mit ihnen
passiert war, waren sie fortgegangen?
Wohin? Es war so still, ich
konnte die Stille hören. So etwas hatte ich noch nie erlebt, aber
ich horchte, nur Stille — und
dann wußte ich, daß etwas
geschehen würde. Ich fragte
mich, welches Jahr es war, es
war zweifellos nicht 1937.
Ich sah eine Zeitung an der
Ecke mit einem Bild des Präsidenten. Es war nicht Roosevelt,
er war größer, gewichtiger,
hatte große Ohren. Wenn es nicht 1937 war, dann fragte ich
mich, welches Jahr es war.
Ich schaute auf die Schlagzeile, aber ich konnte es nicht
erkennen, es sah aus wie
1969. Ich war dessen nicht so sicher, denn meine Augen konnten
es nicht scharf erfassen.
Etwas kam, und es war die Krankenschwester, die mich
aufweckte, um mein Fieber zu
messen.
Ich erwachte, denkend, es war ein verrückter Traum.
Die zweite Nacht
In der nächsten Nacht sind
meine Kopfschmerzen noch schlimmer, es ist ein Wunder,
daß ich nicht auf dem Pferd getötet wurde. Ich hatte
einen weiteren verrückten Traum, es
war wieder in Hollywood. Ich
sah jene Menschen und wunderte mich, warum sie sich so
kleideten. Ich war wieder auf
dem Boulevard, und diesmal wartete ich darauf, daß
etwas
passiert. Etwas Großes würde
passieren, und ich würde dabei sein. Ich schaute auf zu der
Uhr unten an dem großen
Theater, und es war zehn vor vier am Nachmittag.
An der Stelle, wo alle die
Filmstars ihre Handabdrücke und Namen hinterlassen,
sah ich
Namen, manche, die ich
erkannte, aber manche, die ich überhaupt nicht kannte, nie
gehört hatte. Diese
verrückten Kinder, warum sind sie alle so gekleidet. Vielleicht ist es
irgend eine Karnevals-Veranstaltung oder etwas Ähnliches, aber es
schien nicht wie
Karneval. Es war eher am Anfang des
Frühlings. Da war wieder dieses Geräusch, bzw. das
Fehlen des Geräusches,
Stille, Stille, Stille.
Ich fragte mich: »Wissen
diese Menschen nicht, daß die Vögel irgendwohin
weggegangen
sind?«
Die Stille wird größer und größer. Ich weiß, es wird passieren, etwas wird
passieren, es passiert jetzt, und wieder weckte mich die Krankenschwester.
Die dritte Nacht
In der nächsten Nacht träumte
ich wieder, wo ich gewesen bin, oder eher, wo ich nicht
gewesen bin. Ich bin zu den
Enden der Erde gewesen und zurück. Ich bin am Ende der
Welt gewesen, es blieb keine
Stelle übrig, nicht einmal dieses Krankenhaus. Wenn nur
meine Augen ein bißchen klarer würden, damit ich all dieses aufschreiben
kann. Sowieso
wird mir niemand glauben. Ich
gehe zurück zum letzten Moment auf dem Boulevard. Dort
ging ein süßes Kind vorbei,
ein Mädchen.
Sie schleppte kleine Jungen,
an jeder Hand einen. Ihr Rock war ganz schön kurz und sie
hatte ein müdes Aussehen.
Einen Moment lang dachte ich, ich könnte sie nach den Vögeln
fragen und danach, was
geschehen sei, doch dann erinnerte ich mich, daß sie
mich nicht
sah. Ihr Haar war völlig
gekräuselt und stand ihr vom ganzen Kopf ab. Viele Leute auf die
ich sah, sahen so aus, aber
sie hatte einen so müden Ausdruck, so als ob sie über etwas
traurig war. Ich nehme an,
sie war traurig, bevor es geschah, denn es geschah bestimmt.
Da war ein komischer Geruch.
Ich wußte nicht, woher er kam. Ich mochte ihn nicht,
ein
Geruch wie Schwefel oder
Schwefelsäure, ein Geruch wie der Tod. Einen Moment lang
dachte ich, ich wäre wieder
im Chemie-Unterricht. Als ich mich umschaute, war das
Mädchen weg. Aus irgend einem Grund wollte ich sie finden. Es war, als ob ich
wußte, daß
etwas passieren würde, und
ich wollte bei ihr bleiben und ihr helfen, aber sie war
weggegangen.
Ich ging einen halben Block
weit und dann sah ich wieder die Uhr. Meine Augen schienen
an der Uhr zu kleben. Es war
fünf vor vier Uhr an einem sonnigen Nachmittag. Ich
dachte, ich würde ewig dort
stehen und auf die Uhr schauen, darauf wartend, daß
etwas
passiert.
Dann, als es geschah, war es
wie nichts. Es war bei weitem nicht so stark, wie das
Erdbeben, das wir vor zwei
Jahren hatten. Der Boden wackelte nur einen Augenblick. Die
Menschen schauten einander
überrascht an, dann lachten sie. Ich lachte auch, dies war es
also, worauf ich gewartet
hatte, diese kleine Erschütterung, es bedeutete nichts.
Ich war erleichtert, und ich
war enttäuscht. Worauf hatte ich gewartet? Ich ging zurück
zum Boulevard und versuchte
meine Beine so zu bewegen, wie diese Kinder. Wie sie es
taten, habe ich nicht
herausgefunden.
Ich fühlte, als ob der Boden
unter mir nicht fest war. Ich wußte, daß ich träumte, und
doch träumte ich nicht. Da
war wieder dieser Geruch, der herankam, wie ein Ozean. Ich
sah den Ausdruck auf dem
Gesicht der Kinder,
zwei von ihnen kamen auf mich zu, beide
mit Bärten und beide mit Ohrringen.
Einer sagte: »Laß uns von hier verschwinden und
nach Osten zurückgehen.« Er schien erschrocken. Es war, als ob die Bürgersteige
zitterten, aber man konnte es
nicht sehen, jedenfalls nicht mit den Augen.
Eine alte Dame hatte einen
kleinen weißen Hund, und sie packte ihn in ihre Arme und
sagte: »Laß'
uns nach Hause gehen, Mama bringt dich heim.« Die arme
alte Frau hing an
ihrem Hund. Ich bekam Angst,
echte Angst. Ich erinnerte mich an das Mädchen, sie war
weit den Block hinunter. Ich
fing an zu laufen, und der Boden fing an zu zittern. Ich
konnte es nicht fühlen, aber
ich wußte, daß er zitterte.
Alle sahen erschrocken aus,
sie sahen schrecklich aus. Eine junge Dame setzte sich
einfach auf den Bürgersteig,
krümmte sich in einem Lachkrampf und sagte einfach: »Es
ist das Erdbeben, es ist das
Erdbeben«, immer und immer wieder, aber ich konnte nicht
erkennen, daß
sich etwas geändert hatte.
Dann kam es, und wie es kam,
wie nichts in Gottes Welt, wie nichts. Es war wie der
Schrei einer Sirene, lang und
tief, oder wie der Schrei einer Frau bei der Geburt, den ich
gehört hatte, als ich ein
Kind war. Es war schrecklich, es war, als ob ein Monster die
Bürgersteige nach oben schob. Man fühlte es lange bevor man es sah. Die
Bürgersteige
hielten nicht mehr. Ich
schaute auf die Autos, sie hupten, sie bewegten sich einfach weiter,
sie schienen noch nicht zu
wissen, daß etwas geschah.
Dann kam ein kleines weißes Auto, von
einer halben Babygröße, von der Mittellinie
geschossen direkt gegen den
Bordstein. Das Mädchen, das es fuhr, saß nur da, sie saß da
und starrte mit ihren Augen
und sie konnte sich nicht bewegen. Sie winselte wie ein
kleines Mädchen, sie machte
komische Geräusche. Ich beobachtete sie und dachte an das
andere Mädchen. Ich sagte
mir, daß es nur ein Traum war und ich aufwachen
würde, aber
ich wachte nicht auf.
Das Schütteln hatte wieder
begonnen, aber diesmal anders. Ein nettes Schütteln, wie das
Wiegen einer Wiege, und dann
sah ich — es schien, daß die Mitte des Boulevards in
zwei
Stücke brach.
Der Beton sah aus, als ob er von einer großen Schaufel geradewegs nach
oben gedrückt worden war. Er
brach mitten entzwei und deshalb geriet das Auto des
Mädchens außer Kontrolle.
Dann ein lautes Geräusch, wie ich es nie zuvor gehört hatte,
dann Hunderte von Geräuschen,
die alle auf einmal kamen.
Kinder und Frauen und diese
verrückten Männer mit Ohrringen, sie schienen sich alle
über dem Bürgersteig zu
bewegen. Sie wurden hochgehoben und das Wasser sickerte
hervor, die Schreie, es war
schrecklich. Ich erwachte. Ich will diesen Traum nie wieder
haben.
Die vierte Nacht
In der nächsten Nacht träumte
ich wieder. Es war wie beim ersten Mal und es war eine
Vorschau, und alles woran ich
mich erinnern kann, ist, daß es das Ende der Welt
war. Ich
war wieder dort, direkt unter all diesen Verbrechen, direkt mittendrin. Meine Trommelfelle
fühlten sich an, als ob sie platzen würden. Leute fielen hin, einige von ihnen schwer verletzt.
Stücke von Gebäuden
splitterten ab und flogen in der Luft, eines traf mich hart an der
Seite meines Gesichts, aber
ich schien es nicht zu fühlen. Ich wollte aufwachen, um von
diesem Ort hinwegzukommen. Am
Anfang, im ersten Traum, war es Spaß gewesen. Ich
wußte in etwa, daß ich vom Ende
der Welt oder etwas Ähnlichem träumen würde, aber
dieses war schrecklich. Da
waren ältere Menschen in den Autos, die meisten der Kinder
waren auf der Straße, aber
jene alten Männer schrien und brüllten, als ob ihnen
jemand
helfen könnte. Niemand konnte
ihnen helfen.
Dann war es, daß ich mich hochgehoben fühlte. Ich war über der Stadt.
Sie neigte sich in
Richtung Ozean wie das
Hochklappen eines Picknicktisches. Die Gebäude hielten besser
als man es glauben würde, sie
blieben stehen. Die Menschen, die die Gebäude sahen,
versuchten, sich an ihnen
festzuhalten oder in sie hineinzukommen. Es war phantastisch,
so als ob ein Gebäude einen
eigenen Willen hatte. Alles andere um sie herum brach, aber
sie hielten, hielten.
Ich war über ihnen und
schaute hinunter. Ich fing an, sie anzufeuern und sagte: »Haltet
fest, haltet fest.« Ich wollte sie anspornen, rufen, schreien. Jene Gebäude
hielten, jene
Gebäude auf dem Boulevard,
vielleicht konnte das Mädchen mit den zwei Kindern ins
Innere gelangen. So sah es
eine lange Zeit aus, drei Minuten, drei Minuten waren wie ewig.
Alle versuchten, ins Innere
zu gelangen. Sie würden halten, du wußtest sie würden
halten,
selbst wenn die Wasser
weiterhin steigen würden, — nur sie taten es nicht. Ich habe mir
nie vorgestellt, wie es sein
würde, wenn ein Gebäude stirbt. Ein Gebäude ist so wie eine
Person, es gibt nach. Einige der größeren taten genau das, sie fingen an zusammenzufallen,
wie ein alter Mann mit Schüttellähmung, der es nicht länger ertragen kann. Sie zerfielen
zu
Nichts. Die kleinen Gebäude schrien wie verrückt,
lauter und höher als das Gebrüll der Menschen.
Sie waren verrückt vor Sterbensangst, aber die Gebäude starben.
Ich konnte die Menschen nicht
mehr anschauen. Ich fuhr fort, höher und höher
hinaufzuwollen, und ich wurde emporgehoben bis dorthin, wo ich sehen
konnte. Ich
schien mich auf dem Big-Bear-Berge zu befinden, in der Nähe von San Bernadino, aber
das Komische war, daß ich überall hinsehen konnte. Ich wußte,
was geschah. Die Erde
schien wieder zu zittern. Ich
konnte es fühlen, obwohl ich hoch oben war. Diesmal dauerte
es vielleicht 12 Sekunden,
und es war sanft.
Man kann nicht glauben, daß etwas so Sanftes soviel Schaden anrichten könnte, aber
da
sah ich die Straßen von Los
Angeles und alles zwischen
Los Angeles und den San-
Bernadino-Bergen kippte zum
Ozean hin, Häuser und alles, was übrig
war. Ich konnte die
großen Straßen sehen,
dutzende großer Fahrbahnen, die immer noch mit Autos überhäuft
waren, an einigen Stellen gab
es fünf Spuren, und alle Autos glitten in die gleiche
Richtung.
Jetzt kam der Ozean herein
und bewegte sich wie eine riesige Schlange das Land hinauf.
Ich fragte mich, wie spät es
war, und ich konnte die Uhr sehen, es war 16.29 Uhr —,
obwohl ich nicht auf dem
Boulevard war, es war eine halbe Stunde vergangen. Ich war
froh, daß
ich das Schreien nicht mehr hörte, aber ich konnte alles sehen.
Dann, wie auf eine riesige
Landkarte der Welt schauend, konnte ich sehen, was auf dem
Land und mit den Leuten
geschah. San Francisco
fühlte es, aber es war in keiner Weise
wie in Hollywood und Los
Angeles. Ich schien zu sehen, daß der Garlet-Graben
und nicht
nur der San-Andreas-Graben,
San Francisco erschütterten. Ich konnte sehen, wie alle
diese Berge zusammenkamen,
die Sierra Nevada, San-Andreas und Garlet. Ich wußte, was
mit San Francisco passieren
würde. Es würde wegen des Garlets Grabens umkippen.
Es
würde sich auf den Kopf
stellen.
Es ging schnell wegen der
Drehung. Es schien viel schneller zu gehen als bei Hollywood,
aber dann war ich nicht mehr
dort, sondern ich war weit davon entfernt.
Ich schloß
meine Augen für eine lange Zeit. Ich schätze, es waren etwa zehn Minuten, und
als ich sie wieder öffnete,
sah ich den Grand Canyon, und als ich in den Grand Canyon
schaute, schloß
sich die riesengroße Lücke. Der Boulder Damm wurde von unten
hochgedrückt, und dann von Nevada bis nach Reno und nach Süden hinunter bis zu Baha
California und auch bis Mexiko schien es, als ob ein Vulkan
ausbricht mit allem, was
dazugehört.
Ich sah die Landkarte von
Südamerika, besonders Kolumbien wurde durch einen
weiteren heftigen
Vulkanausbruch erschüttert. Venezuela schien auch einige vulkanische
Aktivitäten zu haben. Weit
entfernt konnte ich Japan
sehen, das sich auch auf einem
Graben befand. Es war so weit
weg und nicht so leicht zu sehen, weil ich auf dem Big-Bear-
Berge war,
aber Japan begann ins Meer zu gehen. Ich wußte nicht,
wie spät es in diesem
Moment war. Die Menschen
sahen wie Puppen aus, weit entfernt, daß ich sie nicht sehen
konnte. In einer oder zwei
Minuten war es vorüber, es war vergangen und niemand war
mehr übrig.
Ich wußte
nicht, wie spät es war, ich hatte keine Uhr. Ich versuchte, die Insel von
Hawaii
zu sehen, und ich konnte
riesige Flutwellen gegen die Insel schlagen sehen. Die Menschen
auf den Straßen wurden naß und sie waren erschrocken, aber ich sah niemanden ins
Meer
fallen.
Um den Globus herum sah ich
weitere Überschwemmungen. Wird die Welt ertränkt?
Konstantinopel, das Schwarze
Meer stieg, der Suez-Kanal schien aus irgend einem
Grunde auszutrocknen.
Sizilien hielt nicht. Ich konnte die Landkarte sehen, der Ätna
wurde erschüttert, ein großer
Teil dieser Fläche schien hinabzugehen, aber es
schien
früher oder später zu sein.
Ich wußte nicht, wie spät es jetzt war.
In England gab es riesige
Fluten, aber keine Flutwelle. Wasser überall, aber ich sah
niemanden im Meer versinken.
Die Menschen waren stark verängstigt. An einigen Stellen
fielen sie auf ihre Knie in
den Straßen und fingen an, für die Welt zu beten. Ich habe nicht
gewußt, daß die englischen
Menschen so emotional sind, aber in England, Irland,
Schottland waren alle Arten
von Kirchen Nacht und Tag überfüllt.
Menschen trugen Kerzen,
jedermann weinte um Kalifornien, Nevada, Colorado, Utah.
Alle weinten um Kalifornien,
und viele kannten nicht einmal jemand in Kalifornien. Sie
weinten wie um
Blutsverwandte, als ob sie alle eine Familie wären, so als wäre es Ihnen
selbst passiert.
Die Stadt New York kam in das
Blickfeld. Sie war noch da, nichts war passiert. Der
Wasserstand war sehr hoch.
Hier waren die Dinge anders. Menschen rannten in den
Straßen und schrien: »Das Ende der Welt ist gekommen!«
Menschen liefen in die
Restaurants und aßen alles,
was sie in die Finger bekommen konnten.
Ich sah ein Schuhgeschäft,
und die Schuhe waren in etwa fünf Minuten weg. Auf der Fifth
Avenue rannten alle. Eine
Nachricht ertönte aus einem Lautsprecher, daß der
Strom in
ein paar Minuten ausfallen
könnte. Sie mußten sich selbst trösten. Fünf Mädchen
liefen
zum CVJM, die Stelle bei
Lexington oder irgendwo, sie rannten, als ob sie zu Tode
erschrocken waren. Nichts
passierte in New York. Eine alte Dame füllte Mülltonnen mit
Wasser, alle waren zu Tode
geängstigt und schauten wie betäubt.
Die Straßen schienen erfüllt
mit Lautsprechern, es war kein Tageslicht, es war Nacht. Ich
habe dann den nächsten Tag
gesehen, und alles war drunter und drüber, wiederum
ertönten Lautsprecher. In
manchen Gegenden waren Brennstofftanks gebrochen, Öl
wurde gehortet und die
Menschen schienen die Märkte zu plündern.
Ich sah viele Orte, die wie
immer aussahen, und die Menschen waren nicht erschrocken,
besonders in den ländlichen
Gegenden. Hier war fast alles, als ob nichts passiert war. Die
Menschen schienen diesen
Orten zuzustreben, einige zu Fuß, einige in Autos, aber einigen
war der Treibstoff
ausgegangen.
Ich hörte oder irgendwie wußte ich, daß Land im Atlantik
heraufgekommen ist, viel Land.
Ich wurde schrecklich müde
und ich wollte aufwachen. Ich wollte zurückgehen und nach
jenem Mädchen und jenen zwei
Kindern suchen. Ich fand mich wieder in Hollywood und
es war immer noch 16.29 Uhr.
Ich war nicht mehr auf dem Big-Bear-Berge. Ich befand
mich über Hollywood. Ich war
einfach da, und es schien vollkommen natürlich in meinem
Traum.
Ich konnte jetzt eine
Radiostation hören, die hinaus dröhnte und den Menschen sagte,
nicht in Panik zu geraten.
Sie starben in den Straßen, da waren Filme. Da war ein kleiner
Mann, der eigentlich Angst
haben sollte, aber er hatte keine. Er sagte etwas über ein
schwebendes Flugzeug, das
herüber kommen sollte. Aber ich wußte, daß es nicht
geschehen konnte, denn Dinge
geschahen in der Atmosphäre. Der Ozean hetzte jetzt
herbei, solche Wellen, sie
waren Alptraumwellen.
Wieder sah ich den Boulder-Damm, der emporstieg und sich zusammendrängte und
auseinanderbrach. Es gab
keinen Grand Canyon mehr, er war zusammengeschoben.
Der
Boulder-Damm fiel auseinander, es war immer noch Tageslicht, und
alle diese
Radiosender brachten es zu
der gleichen Zeit: Der Boulder-Damm ist gebrochen.
Ich
fragte mich, wie die Menschen
im Osten es erfahren würden, dann sah ich Hand-Funk-
Betreiber. Ich sah sie an den
merkwürdigsten Stellen, so als ob ich direkt bei ihnen war.
Ein kleiner Mann mit einer
Brille sagte: »Hier ist Kalifornien, wir versinken im Meer, hier
ist Kalifornien, wir
versinken im Meer. Eilt zu den Höhen, flieht in die Berge. Alle Staaten
westlich, hier ist
Kalifornien, wir gehen ins Meer.« Ich konnte ihn
sehen, er war
landeinwärts, aber die Wasser
waren hereingekommen, seine Hand klammerte sich am
Tisch fest. Er stand auf,
damit er noch einmal sagen konnte: »Hier ist Kalifornien, wir
gehen ins Meer hinein.«
Ich schien dies immer wieder
zu hören, stundenlang nur diese Worte. Sie fuhren damit
fort bis zum letzten Moment,
alle von ihnen schrien es hinaus: »Flieht in die
Berge, hier
ist Kalifornien, wir
versinken im Meer.«
Ich erwachte, und es war
nicht so, als ob ich geträumt hätte. Ich bin noch nie so müde
gewesen, ein bis zwei Minuten
lang dachte ich, es wäre geschehen. Ich habe mich zwei
Dinge gefragt: Ich hatte
nicht herausgefunden, was mit dem Mädchen geschehen war. Ich
habe darüber nachgedacht.
Morgen gehe ich nach Hause, es war nur ein Traum und
nichts weiter, niemand wird jemals in Zukunft
auf dem Hollywood- Boulevard solche
Ohrringe und solche Bärte tragen.
Nichts in dieser Art wird je
passieren. Das Mädchen war so real für mich, das Mädchen
mit den zwei Kindern. Es wird
nicht passieren, aber wenn es passiert, wie könnte ich es
ihr sagen (vielleicht ist sie
noch nicht einmal geboren), wegzuziehen aus Kalifornien,
wenn sie ihre Zwillinge hat,
damit sie nicht auf dem Boulevard sein kann, wenn es
passiert. Sie war so real.
Die andere Sache, diese Hand-Funk-Bediener,
die so daran
festhielten und immer wieder
dieselbe Sache sagten: »Hier ist Kalifornien, wir versinken
im Meer, hier ist
Kalifornien, wir versinken im Meer, flieht in die Berge, flieht auf die
Gipfel. Kalifornien,
Colorado, Utah; hier ist Kalifornien, wir versinken ins Meer.«
Ich nehme an, ich werde dies
mein ganzes Leben lang hören.
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-Prophezeiung - Alte Nachricht in neuer Zeit. S.142
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